117 C 405/09
verkündet am 14.01.2010

 

AMTSGERICHT AACHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

hat das Amtsgericht Aachen

im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung am 14.01.2010

durch den Richter am Amtsgericht Foerst

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt,

1.
zur Freistellung der Klägerin restliche Gutachtenkosten in Höhe von 260,72 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.08.09 an den Sachverständigen …….. zuzahlen,

2.
an die Klägerin 46,41 € nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.09 zuzahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung der noch offenen 268,72 € Gutachterkosten aus § 115 VVG verlangen, und zwar im Wege der Freistellung gemäß § 257 BGB direkt an den Sachverständigen.

Die Einwendung der dem Grunde nach unstreitig eintrittspflichtigen Beklagten, die Honorarforderung sei überhöht, ist im Verhältnis zur Klägerin unerheblich.

Zu dem nach § 249 Abs. 1 BGB zu ersetzenden Schaden gehören auch die Kosten, die durch die erforderliche Beauftragung eines Sachverständigen entstanden sind, Hier besteht der Schaden in der Belastung des Vermögens der Klägerin mit einer (Rest-)Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen Böhmer. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann dahinstehen, ob die Berechnungsmethode der Gutachterkosten der Höhe nach unzutreffend ist bzw. ob einzelne Positionen nicht oder nicht in der geltend gemachten Höhe berechtigt sind. Dies kann jedenfalls nicht der Klägerin als der Geschädigten entgegengehalten werden.

Diese müsste eine Anspruchskürzung nur hinnehmen, wenn ihr ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit vorgeworfen werden kann. Es ist aber weder ersichtlich noch vorgetragen, dass für die Klägerin bei der Beauftragung des Sachverständigen erkennbar war, dass dieser sein Honorar ggf. willkürlich überhöht festsetzen würde bzw. bei ihm Leistung und Honorar in einem offensichtlich nicht nachvollziehbaren Missverhältnis stehen würden (AG Aachen, Urteil vom 24,08.05, 10 C 319/05). Die Klägerin musste als Geschädigte auch keine „Marktforschung“ dahingehend betreiben, ob vielleicht ein anderer Sachverständiger das Gutachten zu günstigeren Konditionen erstellen würde (AG Aachen, Urteil vom 30.05.06, 85 C 130/06). Im Übrigen fehlt auch jeglicher konkreter Vortrag der Beklagten dazu, dass ein anderer Sachverständiger eine günstigere Rechnung erstellt hätte, wobei ihre Regulierung nach den Sätzen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes abwegig erscheint.

Es entspricht auch der Billigkeit, dass der Schädiger das Risiko einer ggf. überhöhten Abrechnung des Sachverständigen zu tragen hat, denn dem Geschädigten ist es grundsätzlich nicht zuzumuten, sich wegen einer ggf. überhöhten Liquidation auf eine (gerichtliche) Auseinandersetzung mit dem Sachverständigen einzulassen (vgl, Steinel DAR 1996, 296).

Der Streit über die richtige Berechnung des Gutachterhonorars ist deshalb nicht im Verhältnis zwischen Geschädigtem und Gutachter, sondern im Verhältnis Schädiger/Versicherung und Gutachter auszutragen (LG Aachen, Beschluss vom 28,04.04, 5 T 79/04). Der Versicherer kann sich analog § 255 BGB Ansprüche wegen des möglicherweise überzahlten Honorars abtreten lassen und von dem Sachverständigen die ggf. zu viel gezahlten Beträge ggf. nach §§ 812, 398 BGB zurückfordern (Urteil vom 24,08,05,10 C 310/05 m.w.N.)

Nichts anderes ergibt sich aus den von der Beklagten zitierten BGH-Entscheidungen X ZR 80/05 und 122/05, denn diese betrafen jeweils Honorarstreitigkeiten zwischen dem Sachverständigen und der Versicherung.

Überdies schuldet die Beklagte die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin in der tenorierten Höhe.

Die Zinsforderung ist begründet gem. §§ 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1, 291 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr, 11, 713 ZPO.

Streitwert: 268,72 €

Foerst

 

 

Quelle: Urteil des Amtsgericht Aachen vom 11.01.2010, Az.: 117 C 405/09

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