10 C 232/05

AMTSGERICHT BAD OEYNHAUSEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

Kläger

Prozessbevollmächtigte:

gegen

Beklagte

Prozessbevollmächtigte:

hat das Amtsgericht Bad Oeynhausen
im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO
durch den Richter am Amtsgericht Peuker

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 930,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2003 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 76,91 € zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 27,65%, die Beklagte 73,25%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien dürfen die Vollstreckung jeweils durch die Gegenpartei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei ihrerseits Sicherheit in Höghe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin und Halterin eines Pkw Mercedes Benz V 230. Für dieses Fahrzeug bestand bei der Beklagten eine Kfz-Vollkaskoversicherung unter der Vers.-Nr. PAV…… . Der Versicherungsvertrag wurde durch die Generalvertretung … der Beklagten in Löhne vermittelt, bzw. abgeschlossen.
Bei einem Verkehrsunfall am 18.11.2004 wurde das Fahrzeug der Klägerin erheblich beschädigt. Da Schadensersatzansprüche gegenüber der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners nicht durchgesetzt werden konnten, meldete die Klägerin der Beklagten den Schaden und bat um Regulierung auf Kasko-Ebene.
Zum Nachweis der Höhe des bei dem Unfall entstandenen Schadens ließ die Beklagte über den Sachverständigen …. aus Hamburg eine Reparaturkosten-Kalkulation unter dem 13.01.2005 erstellen. Danach ermittelte die Beklagte einen schaden in Höhe von € 4.955,62 brutto. Abzüglich der vertraglich vereinbarten Selbstbeteiligung der Klägerin regulierte die Beklagte daraufhin den Schaden in Höhe von € 4.623,62.

Die Klägerin behauptet, bei Reparatur des Fahrzeuges in einer markengebundenen Fachwerkstatt, nämlich ihrer Vertrauenswerkstatt der Firma ….. in Bad Oeynhausen seien Reparaturkosten in Höhe von € 6.241,32 brutto aufzuwenden. Unter Berücksichtigung der Selbstbeteiligung ergebe sich danach ein von der Beklagten zu erstattender Betrag von € 5.909,32. Insoweit bestehe ein weiterer Anspruch gegen die Beklagte aus dem Kasko-Versicherungsvertrag in Höhe von € 1.285,70.
Die Beklagte sei mit anwaltlichem Schreiben vom 28.02.2005 vergeblich zur Zahlung der Differenz aufgefordert worden. Hierdurch seien außergerichtliche Kosten in Höhe von € 136,50 netto ihr gemäß Kostennote ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18.04.2005 entstanden. Die auf den nicht regulierten Schadensteil von € 1.285,70 entfallende nicht anrechenbare Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer sei von der Beklagten zu erstatten.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie € 1.285,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.03.2003 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von € 102,37 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie erhebt die Einrede der Unzulässigkeit des Verfahrens und vertritt die Auffassung, entsprechend § 14 AKB sei mit der Klägerin im Rahmen des Versicherungsvertrages vereinbart, dass ein Sachverständigenverfahren durchzuführen sei, da über die Höhe des Schadens gestritten werde.
Im Übrigen vertritt die Beklagte die Auffassung, die fiktiven Reparaturkosten seien von dem Sachverständigen .. unter Berücksichtigung durchschnittlicher regionaler Stundenverrechnungssätze ordnungsgemäß ermittelt worden. Der Klägerin seien mehrere Werkstätten benannt worden, welche im Falle der tatsächlichen Durchführung einer Reparatur entsprechend den vom Sachverständigen … ermittelten Reparaturkosten abrechnen würden.
Die Klägerin könne nicht darauf verweisen, dass Garantie- oder Gewährleistungsansprüche verloren gingen, wenn das Fahrzeug nicht in einer markengebundenen Fachwerkstatt repariert werde. Das Fahrzeug der Klägerin sei am 02.01.1997 erstmals zugelassen worden. Der Schadensfall habe sich bei einem Kilometerstand von 121.628 ereignet. Insofern dürften jegliche Garantie- oder Gewährleistungsansprüche im Verhältnis zum Fahrzeughersteller abgelaufen sein.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Es ist Beweis erhoben worden gemäß Beweisbeschluss vom 29.09.2005 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen… vom 31.01.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Bad Oeynhausen ergibt sich aus § 48 VVG, da unstreitig der Versicherungsvertrag über eine in Löhne ansässige Versicherungsagentur abgeschlossen worden ist.
Die Klage ist auch nicht aufgrund der Schiedsklausel, die über in den Versicherungsvertrag einbezogenen AKB (§ 14 AKB) zwischen den Parteien vereinbart worden ist, unzulässig. Die Parteien streiten nicht über den Umfang der erforderlichen Wiederherstellungsarbeiten sondern lediglich darüber, ob bei einer fiktiven Abrechnung die Klägerin diejenigen Reparaturkosten erstattet verlangen kann, die bei Beauftragung einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallen. Hierbei handelt es sich um eine reine Rechtsfrage, die im Schiedsgutachterverfahren nach § 14 AKB nicht zugänglich ist.

Die Klage ist jedoch lediglich zum Teil begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aufgrund des Kasko-Versicherungsvertrages Anspruch auf Erstattung weiterer fiktiver Reparaturkosten in Höhe von € 930,21.
Die Klägerin hat Anspruch darauf, dass die fiktiven Reparaturkosten nach den Stundenverrechnungssätzen einer markengebundenen Fachwerkstatt ermittelt werden. Insoweit muss sich die Klägerin nicht darauf verweisen lassen, ihr Fahrzeug in einer freien Fachwerkstatt instandsetzen zu lassen, selbst wenn dies zu geringeren Reparaturkosten führen würde.
Die Klägerin hat aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen… vom 31.01.2006 auch nachgewiesen, dass bei Beauftragung einer regionalen Fachwerkstatt zumindest Reparaturkosten in Höhe von € 5.885,83 brutto aufzuwenden sind.
Der Sachverständige hat diese Kosten aufgrund einer aktuellen Auskunft der regionalen Mercedes-Werkstätten anhand der Angaben zu den Stundenverrechnungssätzen unter Zugrundelegung des von dem Sachverständigen …. aufgezeigten Reparaturweges nachvollziehbar ermittelt. Insoweit bestehen keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen.
Abzüglich der nach dem Versicherungsvertrag vereinbarten Selbstbeteiligung in Höhe von € 332,00 ergibt sich danach ein Betrag von € 5.553,83. Abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlung von € 4.623,62 verbleibt ein Restbetrag von € 930,21.
Die Klägerin kann auch trotz § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB Reparaturkosten einschließlich Mehrwertsteuer erstattet verlangen. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Kasko-Versicherungsvertrages. Zu berücksichtigen ist, dass dieser bereits 1999 unter der Geltung des § 249 BGB (a. F.) geschlossen worden ist. Bis zur Neuregelung des § 249 BGB war jedoch auch bei fiktiver Abrechnung vom Schädiger die anfallende Mehrwertsteuer zu ersetzen.
Im Rahmen des Kasko-Versicherungsvertrages steht die Beklagte als Versicherungsunternehmen der Klägerin als Versicherungsnehmerin jedoch nicht als Schädiger gegenüber. Insoweit handelt es sich bei der Erstattung der notwendigen Reparaturkosten nicht um eine Schadensersatzleistung im engeren Sinne sondern um eine vertragliche Leistung aufgrund des Eintrittes des Versicherungsfalles. Da eine Abänderung der vertraglichen Vereinbarung seit 1999 nicht erfolgt ist, beinhaltet die Versicherungsleistung unabhängig von dem tatsächlichen Anfall auch die Mehrwertsteuer.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

Vorgerichtliche, nicht anrechenbare Anwaltskosten kann die Klägerin nach § 286 BGB lediglich in Höhe von € 76,91 beanspruchen. Der hälftigen Geschäftsgebühr nach VV 2400 ist ein Streitwert von € 930,21 zugrunde zu legen, so dass sich ein Betrag von € 55,25 errechnet. Zuzüglich der Auslagenpauschale von 20 % = € 11,05 und der gesetzlichen Mehrwertsteuer ergibt sich danach ein Betrag von € 76,91.

Die weitergehende Klage war abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs.1, 708 Ziff.11, 711 ZPO.

Peuker
Richter am Amtsgericht

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