8 O 451/16
Verkündet am 13.09.2017

Yilmaz, Justizbeschäftigte
als Urkundsbeamtin der
Geschäftsstelle

LANDGERICHT AACHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In dem Rechtsstreit

 

pp.

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen

im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 23.08.2017

durch den Richter am Landgericht Biermann als Einzelrichter

 

für Recht erkannt:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.836,50 € zu zahlen, gegenüber der Beklagten zu 2 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunktenüber dem Basiszinssatz seit dem 03.11.2016, gegenüber dem Beklagten zu 1 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.12.2016;

den Kläger von der Honorarforderung des Sachverständigenbüros Sch….. aus Aachen in Höhe von 849,10 € netto freizustellen;

den Kläger von der Gebührenforderung des Rechtsanwaltsbüros Praest aus Baesweiler in Höhe von restlchen 331,50 € netto freizustellen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe van 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Schadensersatz aus einem Unfallereignis, das sich vom 30.09.2016 in Alsdorf ereignet hat und von dem Erstbeklagten verursacht wurde. Der Geschäftsführer der Klägerin befuhr seinerzeit gegen 15:00 Uhr mit dem klägerischen Fahrzeug die Konrad-Adenauer-Allee aus Fahrtrichtung Energeticon in Richtung Bahnhofsstraße in Alsdorf. Der Beklagte zu 1 befuhr dieselbe Straße mit seinem PKW, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2, in entgegengesetzter Richtung. In Höhe des Warenhauses Kaufland bog Herr …. in die linke Spur von zwei Einfahrtspuren zum Parkplatz des Warenhauses ein. Der Erstbeklagte bog ebenfalls in die Parkplatzeinfahrt ab. Dabei geriet er zu weit nach links und kam auf die Abbiegespur des klägerischen Fahrzeugs, das hierbei gerarnmt wurde. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.

Die Klägerin beauftragte nach dem Unfall das Sachverständigenbüro Sch…. zur Schadensbegutachtung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.10.2016 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2 unter Hinweis auf das zwischenzeitlich vorliegende Schadengutachten zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von seinerzeit 8.903,72 € bis zum 02.11.2016 auf. Hierauf zahlte die Beklagte zu 2 mit Abrechnungsschreiben vorn 21.10.2016 (Bl. 16 GA) auf den Sachschaden einen Betrag von insgesamt 3.218,12 € (2.898,12 € Sachschaden im engeren Sinne; 20,00 € Kostenpauschale und 300,00 € Wertminderung) sowie 347,60 € Rechtsanwaltsgebühren.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der nicht regulierten Differenz in Höhe von 4.836,50 €, Freistellung von Sachverständigenkosten in Höhe von 849,10 € netto sowie restliche Anwaltskosten in Höhe von 331,50 €. Sie behauptet unter Bezugnahme auf das von ihr vorgelegte Schadengutachten Sch….., der Reparaturschaden betrage 7.229,62 €, ferner habe der Pkw eine Wertminderung von 800,00 € erlitten.

Die Klägerin beantragt mit am 20.12.2016 zugestellter Klage,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

  1. an sie einen Betrag in Höhe von 4.836,50 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.11.2016 zu zahlen;
  2. sie von der Honorarforderung des Sachverständigenbüros Sch…. aus Aachen in Höhe von 849,10 € netto freizustellen;
  3. sie von der Gebührenforderung des Rechtsanwaltsbüros Praest aus Baesweiler in Höhe von restlichen 331,50 € netto freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, mehr als die bereits gezahlten Beträge könne die Klägerin nicht verlangen. Die klägerseits geforderten Beträge seien überhöht.

Zum Sach- und Streitstand wird im Übrigen auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Das Gericht Beweis erhoben, insbesondere zu der Frage, ob sämtliche der in dem Schadengutachten Sch….. vom 11.10.2016 vorgesehenen Reparaturmaßnahmen erforderlich sind, gemäß Beweisbeschluss vom 03.05.2017 (Bl. 84 GA). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen Herrn Dipl.-lng. Dieter Se…. vom 08.06.2017 (Bl. 94 GA) Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist – bis auf einen kleinen Teil des Zinsanspruchs vollumfänglich begründet.

1.
Dass die Klägerin dem Grunde nach einen Anspruch auf SchadensersaE gegen die Beklagten aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG iVm § 115 Abs. 1 S.1 Nr. 1 VVG hat, steht außer Frage, insbesondere auch, dass der Verkehrsunfall schuldhaft durch den Beklagten zu 2 verursacht wurde.

Streit besteht lediglich über den Haftungsumfang. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 Z?O) fest, dass sämtliche der von der Klägerin unter Bezugnahme auf das von ihr vorgelegte Schadengutachten geltend gemachten Positionen vollumfänglich berechtigt sind.

Der Sachverständige Se…… hat ausführlich, plausibel und überzeugend dargelegt, dass und weswegen sämtliche in dem Schadengutachten Sch…… vorgesehenen Reparaturmaßnahmen erforderlich sind, insbesondere auch betreffend das zweimalige Vermessen des Fahrzeugs vorne und hinten, das Ab- und Anflanschen der Batterie, das Ein- und Ausbauen der Tüirverkleidung etc. hinten rechts, das Einlackieren, das Ein- und Ausbauen sowie Austausch des Lenkgetriebes nebst Nebenarbeiten an Spurstangenkopf rechts, Vermessung und Spureinstellung, schließlich auch die Neufolierung von Kotflügel und Türen rechts des zuvor folierten Fahzeugs. Dies hat der Sachverständige vor allem damit begründet, dass der vordere rechte Reifen und das entsprechende Rad Schäden aufuiesen und die Achsgeometriewerte außerhalb der Herstellertoleranz lägen, was neben entsprechenden Arbeiten an Lenkgetriebe eine zweifache Vermessung erforderte; ferner könne wegen der enormen Vielfalt der verschiedenen Farbtöne nur ausnahmsweise auf eine Einlackierung der angrenzenden Flächen verzichtet werden, was bei der am klägerischen Fahzeug vorhandenen 2-Schicht-Metallic Lackierung nicht möglich sei, da hier die eine erhebliche Gefahr bestehe, dass es hier ohne Einlackierung zu wahrnehmbaren Farbunterschieden komme.

Ferner hat der Sachverständige unter Bezugnahme auf Ermittlungen bei ortsansässigen Audi-Händlern nachvollziehbar und überzeugend aufgeführt, dass die klägerseits begehrten Ersatzeilaufschläge ortsüblich sowie auch Kleinersatzteile in Höhe von 83,17 € erforderlich sind, da diese zum Teil nicht in einer Schadenskalkulation erfasst werden, jedoch zur sachgemäßen Reparatur erforderlich und schadensbedingt zu berücksichtigen seien.

Schließlich folgt das Gericht dem Sachverständigen auch, soweit dieser eine Wertminderung in Höhe von 800,00 € für angemessen hält, da es sich bei dem erlittenen Schaden um einen offenbarungspflichtigen Unfallschaden handele, wobei es weniger auf abstrakte Berechnungsmethoden (nach BVSK Methode immerhin eine Wertminderung von 720 €) ankomme, sondern vielmehr auf Einschätzungen eines durchschnittlichen Käufers, der den Kauf von Fahzeugen mit Unfallreparatur scheue.

Diesen nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen seitens der Beklagten auch keine Einwände mehr entgegen gehalten werden, schließt sich das Gericht nach eigener Überzeugungsbildung an.

Die Klägerin hat somit Anspruch auf Zahlung des noch nicht ausgeglichen Differrenz-Fahzeugschadens in Höhe von 4.836,50 €, wozu auch 5,00 € restliche Schadenspauschale gehören, da nach ständiger Rechtsprechung der Kammer die allgemeine Schadenspauschale 25,00 € beträgt, nicht 20,00 €, wie durch die Beklagte zu 2 lediglich beglichen.

 

2.
Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen folgt aus §§ 280, 288 Abs. 1, 291 BGB. Es ist hierbei jedoch zwischen dem Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 2 zu unterscheiden, da gem. § 425 Abs. 1 und 2 BGB der Verzug nur für und gegen den Gesamtschuldner gilt, in dessen Person er eingetreten ist. Die Zahlungsaufforderung wurde nur an die Zweitbeklagte gerichtet. Von dem Beklagten zu 1 können deshalb keine Verzugszinsen, sondern nur die Prozesszinsen seit Rechtshängigkeit verlangt werden. Ein Anspruch auf Vezugszinsen gegen die Beklagte zu 2 aus § 288 Abs. 1 S. 1, 286 Abs. 1 S. 1, Abs.2 Nr. 1 BGB besteht daher seit dem 03.11.2016, nachdem diese erfolglos zur Zahlung bis zum 02.11.2016 aufgefordert worden ist. Ein Anspruch auf Prozesszinsen gegen den Beklagten zu 1 besteht gemäß § 288 Abs. 1 S. 1, 291 BGB ab dem 21.12.2016.

3.
Die Klägerin hat femer Anspruch auf Freistellung von den geltend gemachten Gutachterkosten in Höhe von 849,10 € netto als weitere Schadensposition, insbesondere da die Einholung eines Gutachtens zur Rechtsverfolgung vorliegend erforderlich war, § 249 Abs. 2 BGB.

 

4.
Schließlich hat die Klägerin auch Anspruch auf Freistellung von restlichen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. noch 331,50 € als weitere Schadensposition.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1 Nr. 1, 709 S. 2 ZPO.

Streitwert: 5.685,60 €

Biermann

Quelle: Urteil des Landgericht Aachen vom 13.09.2017, Az.: 8 O 451/16

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